Angespielt: Musou-Massenschlachten mit strategischer Action und mehr Rollenspielelementen
Artikel von Ulrich Wimmeroth Freier Autor
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Bei einer Serie, die bereits 27 Jahre auf dem Buckel hat, kann ein Neustart nicht schaden. Auch wenn sich Dynasty Warriors erst seit Teil 2 dem Hack-and-Slash-Genre verschrieben hat - der erste Teil von 1997 war ein Fighting Game im Stil von Soulcalibur - haben die Musou-Massenklopperein für mich mittlerweile einiges an Reiz verloren. Die weitgehend leere Open-World von Dynasty Warriors 9 konnte mich dann auch nicht mehr motivieren und Empires habe ich dann gar nicht erst angefasst.
Gerade deshalb habe ich mich besonders auf meinen Anspieltermin von Dynasty Warriors: Origins gefreut, denn mit dem kommenden Actionspiel wollen die Entwickler von Omega Force einen Neuanfang wagen und neben der gewohnt brachialen 1 gegen 1000-Action deutlich mehr Wert auf die strategischen Aspekte der Kämpfe legen. Hinzu kommt ein neuer Ansatz in der Erzählweise: Statt wie bisher die zahlreichen Schlachten aus der Sicht verschiedener Charaktere zu bestreiten, schlüpft ihr in die Rolle eines namenlosen Protagonisten. Dieser leidet an Gedächtnisverlust und wird von seltsamen Visionen geplagt, hat aber glücklicherweise seine außergewöhnlichen Kampfkünste nicht verlernt.
Ihr erlebt also die durchaus komplexe Geschichte der Drei Königreiche gleichzeitig mit eurem Helden, lernt historische Figuren und ihre Beweggründe für die eine oder andere Seite zu kämpfen kennen und seid vom Aufstand der Gelben Turbane bis zur entscheidenden Schlacht von Chibi mit dabei. Das soll vor allem Einsteigern helfen, sich in den Wirren der politischen Intrigen und der schier unüberschaubaren Vielzahl an Charakteren zurechtzufinden. Ehrlich gesagt, kommt mir das sehr gelegen, denn ich habe die Verhältnisse im alten China auch noch nicht ganz durchblickt.
Auf ins Gefecht
Ich konnte Origins von Anfang an ein paar Stunden spielen und nach der Wahl des Schwierigkeitsgrades (Historiker, Wanderer oder Held) und einem angenehm knappen Kampftutorial durfte ich gleich in die erste Schlacht ziehen. An der Seite einer Freiwilligenarmee unter der Führung von Liu Bei geht es gegen die Gelben Turbane, die das Land ins Chaos stürzen wollen. Bevor ich mein Schwert zücke, wird der Kriegsrat einberufen, der die Bedingungen für Sieg oder Niederlage festlegt, die Offiziere beider Seiten anzeigt und eine erfolgversprechende Strategie vorschlägt.
Die Strategie ist mir aber erst einmal egal, was sich noch als grober Fehler herausstellen wird. Aber ich will mich jetzt ins Getümmel stürzen und die feindlichen Soldaten mit einem Schlag gleich dutzendweise ins Nirwana befördern. Das funktioniert wieder so befriedigend wie eh und je und mit wachsender Begeisterung pflüge ich mich in einem Effektgewitter aus Spezial- und Musou-Attacken durch die Reihen des Kanonenfutters. Ab und zu tauchen Offiziere der Gelben Turbane auf, die deutlich mehr einstecken und ebenso deutlich mehr austeilen können. Doch mit gut getimten Ausweichmanövern und dem Parieren der Angriffe strecke ich einen nach dem anderen nieder und komme meinem Ziel am anderen Ende der Karte immer näher.
So einfach wird es dann doch nicht, denn meine Mitstreiter sind nicht so erfolgreich, werden niedergemetzelt oder müssen vom Schlachtfeld fliehen, weil ich nicht rechtzeitig zu Hilfe geeilt bin. Eine Niederlage bedeutet aber in Origins aber nicht, dass ihr die Schlacht von vorne beginnen müsst. Ein spannendes neues Feature erlaubt, dass ihr aus mehreren automatisch angelegten Speicherstellen einen Neustartpunkt wählt und mit einer angepassten Strategie einen neuen Versuch zu starten.
Verschafft euch Vorteile auf dem Schlachtfeld
Egal wie gut ihr mit euren Waffen umgehen könnt, ohne die Unterstützung eurer Truppen geratet ihr schnell in eine ausweglose Situation, aus der euch auch die Neustartpunkte nicht immer helfen können. Besonders wichtig ist es, die Moral der Truppe möglichst hoch zu halten, um die Kampfkraft zu steigern. Das schafft ihr, indem ihr viele Gegner in kurzer Zeit niederstreckt, Festungen der Feinde erobert oder euch einem Duell stellt, wenn ihr dazu die Chance bekommt. Gewinnt ihr im Eins gegen Eins-Kampf werdet ihr bejubelt und eure Soldaten sind schlagkräftiger, verliert ihr, sinkt die Moral und der Gegner hat für eine Weile die Oberhand.
Ist die Moral hoch, könnt ihr Taktiken anwenden und besonders effektive Aktionen durchführen, beispielweise eine Salve befehlen und die Anzahl der Feinde in einem großen Umkreis mit einem Pfeilhagel ausdünnen, die feindliche Armee einkesseln lassen oder mit einem konzentrierten Speerangriff Unheil stiften. Idealerweise haltet ihr die Moral der eigenen Truppen hoch und die des Gegners möglichst gering, denn auch feindliche Feldherrren können verheerende Taktiken anwenden.
Bei der schieren Masse an Soldaten auf dem Bildschirm kann schon mal die Übersicht verloren gehen. Auch daran haben die Entwickler gedacht und bieten mit den Augen des heiligen Vogels eine nützliche Funktion, bei der ihr das Getümmel pausiert und euch in aller Ruhe einen Überblick über das Geschehen verschafft. So lassen sich die Taktiken gezielt einsetzen, zum Beispiel indem ihr für eine Salve eure Einheiten optimal positioniert, damit möglichst viele Gegner getroffen werden.
Was mir richtig gut gefallen hat: Habt ihr eine stattliche Anzahl von Gegnern besiegt und eine entsprechende Anzeige gefüllt, wechselt ihr per Tastendruck den Charakter und übernehmt eine Weile einen Offizier, der an eurer Seite kämpft. Diese spielen sich deutlich anders als der namenlose Held und verfügen über individuelle Spezialangriffe. Wenn die Lebensenergie zur Neige geht und keine Fleischbällchen mehr zur Stärkung vorhanden sind, ist ein Wechsel vielleicht die letzte Chance, doch noch die Oberhand zu behalten.
Die Entwickler haben mehr Rollenspielelemente versprochen und halten Wort: Dynasty Warriors: Origins bietet zahlreiche Möglichkeiten, den eigenen Helden in allen Belangen zu verbessern. Mit jedem Levelaufstieg erhaltet ihr Fähigkeitspunkte, die ihr in mehr Gesundheit, mehr Schlagkraft, einen größeren Vorrat an Fleischbällchen zur Heilung oder Spezialfähigkeiten investieren könnt.
Außerdem stehen euch insgesamt neun verschiedene Waffentypen zur Verfügung, zum Beispiel Schwert, Speer, Eisenfäuste oder Klingenreifen, die ihr im Kampf aufleveln könnt, um einzigartige Spezialangriffe freizuschalten. Doch damit nicht genug: Auf eurer Erkundungstour durch die Welt der Drei Königreiche sammelt ihr auf der Karte das Mineral Pyroxen, aus dem ihr Juwelen herstellt, die euch noch mehr Boni und Buffs verschaffen. So könnt ihr euch noch unter anderem eine erhöhte Reichweite eurer Angriffe oder die Chance auf automatisches Blocken sichern, wenn ihr das Juwel ausrüstet.
Leider war die Spielzeit viel zu kurz, um mich wirklich intensiv mit der individuellen Verbesserung des Protagonisten zu beschäftigen. Aber die Möglichkeiten, einen bevorzugten Spielstil mit entsprechenden Fähigkeiten, Waffen und Accessoires zu unterstützen, sind wirklich reichhaltig. Das habe ich so in einem Dynasty Warriors-Spiel noch nicht erlebt und bin ehrlich begeistert.
Spielt ab heute die Demo
Wenn ihr euch vor dem 17. Januar schon mal in die Massenschlachten stürzen und euch selber einen Eindruck von den neuen strategischen Features verschaffen möchtet, dann habt ihr ab heute die Möglichkeit, die Demo auf PS5, Xbox Series X/S oder PC (Steam) zu spielen. In der epischen Schlacht am Sishui-Tor müsst ihr mit eurem Helden gegen die riesige Armee von Dong Zhuo antreten und euch mächtigen Gegnern wie Li Jue oder Hua Xiong stellen. Diese Schlacht habe ich bei meinem Anspieltermin auch schon geschlagen und ich verspreche euch: Wenn ihr auf brachiale Musou-Action mit spannenden taktischen Optionen steht, werdet ihr hier voll auf eure Kosten kommen. Nach rund vier Stunden Spielzeit freue ich mich nach dem faden Open-World-Ausflug in Dynasty Warriors 9 auf jeden Fall auf eine deutlich abwechslungsreichere Schlachtplatte und bin mir sicher, dass Origins mich wieder für die Serie begeistern wird.